2010

  • Es ist Montag, der 3. Juni 2010, 5 Uhr morgens. Der Radiowecker reißt


    Günter R. (47) aus dem Schlaf. Der Oldie-Sender spielt Modern Talking.


    Herr R. quält sich aus dem Bett. Gestern ist es etwas später geworden,


    bei der Arbeit.


    Dienst am Pfingstsonntag - mal wieder.


    Früher konnte er danach wenigstens ausschlafen.




    "Ja, ja, der Pfingstmontag", murmelt Herr R., "ist das wirklich schon


    sieben Jahre her?" Es hat sich wirklich einiges getan seit damals.


    Nur nicht in seinem Haus. Als 2005 die Eigenheimzulage plötzlich doch


    gestrichen wurde,


    mussten sie eben Abstriche machen.


    Und inzwischen hat sich Familie R. daran gewöhnt.


    An die frei liegenden Leitungen und den Betonfußboden.


    Gut, denkt Herr R., dass damals die Garage noch nicht fertig war.


    Denn der Wagen ist längst verkauft. Zu teuer, seit es keine


    Kilometerpauschale mehr gibt


    und das Benzin 3,50 EUR pro Liter kostet.




    Und mit Bus und Bahn dauert es in die City ja auch nur zwei Stunden.


    Und was man dabei für nette Leute trifft. Zum Beispiel die Blondine,


    die Herrn R. immer so reizend anlächelt. Zurücklächeln mag er nicht.


    Wegen seiner Zähne. Aber was will man machen? 3000 Euro für zwei


    Kronen sind viel Geld. Und schon die Brille musste er selbst bezahlen.


    Hat dabei aber 15 Euro gespart, weil er nicht gleich zum Augen-,


    sondern erst zum Hausarzt gegangen ist. Wegen der Überweisung.




    Trotzdem: Der Urlaub fällt flach. "Das könnte Ärger geben zu


    Hause",stöhnt Herr R. vor sich hin. Traurig erinnert er sich an letzte


    Weihnachten. Als es nichts gab. 2009 wurde nämlich auch in der freien


    Wirtschaft das Weihnachtsgeld gestrichen. Im öffentlichen Dienst ist


    das ja schon länger her.




    "Und bis wann gab's eigentlich Urlaubsgeld?", fragt sich Herr R., er


    kann sich nicht mehr erinnern. Damals hatte man jedenfalls noch


    genügend Urlaub, um das Urlaubsgeld auszugeben.


    Heute sind's ja gerade mal 10 Tage im Jahr.


    Pfingstmontag? 1. Mai? Geschichte.




    Das stand nicht auf der Agenda 2010 .. - so hieß sie doch, oder? Aber


    man soll nicht meckern. Die da oben, weiß Herr R., müssen noch viel


    mehr ackern. Darum kann Günther S. mit der 50-Stunden-Woche auch ganz


    gut leben. Er hat auch keine Wahl.


    Seit der Kündigungsschutz auch in großen Betrieben gelockert wurde, mag


    man es sich mit den Bossen nicht mehr verscherzen.


    Wer will sich schon einreihen in das Heer von sieben Millionen


    Arbeitslosen?


    Aber den Feiertagszuschlag für den Dienst an Pfingsten vermisst er


    schon.




    Was soll's, in 28 Jahren, dann wird er 75 , hat Herr R. es hinter


    sich. So üppig wird die Rente zwar nicht ausfallen, wenn das mit den


    Nullrunden so weitergeht. Doch wer weiß: Vielleicht bringt ihn das


    Rauchen vorher um. Obwohl er weniger qualmt, seit die Schachtel neun


    Euro kostet. Aber heute, auf den letzten Metern zum Büro, steckt


    Günter R. sich trotzdem eine an........

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