On the road again
Es ist Samstag ich fahre auf der A5 in Richtung Heidelberg. Mein Radio steht auf 101,1 . SWF 3 meinem Lieblingssender. Eben gibt der DJ Walter Schuhmacher eine Verkehrsmeldung raus. "Auf der A5, Karlsruhe Richtung Frankfurt, zwischen Zwingenberg und Seeheim-Jungenheim 6 Kilometer Stau wegen Unfall; auf der Gegenfahrbahn 4 Kilometer Stau durch Gaffer."
Ich schmunzle kurz über diesen Zynismus, denke aber daran, daß ich gleich drinstehen werde in diesem Stau. Und tatsächlich, 5 Minuten später geht's nur noch stop and go. Und ich? Ja, ich ärgere mich über diese blutgeilen Penner, die da vorne den Verkehr aufhalten.
Kurze Zeit später sehe ich die ersten Blaulichter, ein Rettungshubschrauber überfliegt die Autobahn. Oh Mann, das sieht ja böse aus. Im selben Moment vergesse ich den Moderatoren-Sarkasmus, vergesse auch die blutgeilen Penner, werde einer von ihnen.
Und dann bin ich endlich dran, ganz nah. 20 Meter vor mir fließt der Verkehr wieder, aber ich bringe meinen Boliden erstmal zum stehen. Ein kurzer Check im Rückspiegel, die hinten gucken auch - alles klar. 3 Verletzte liegen in Blutlachen auf der Fahrbahn. Sanitäter haben Infusionen angelegt. Ein Porsche liegt zerrissen im Graben. Der Hubschrauber landet - spannend. Ein kleiner Körper wird zugedeckt - tot. Das Kind tut mir leid, ja ja, ich bin schon in Ordnung, nicht so gefühlskalt, aber ich denk an die Super-Story, die mir zu Hause sicher sein wird und mir jetzt schon auf der Zunge brennt. Hinten eine Lichthupe - ich geb Gas.
Gleich daheim in Heidelberg, Vorderreifen ist geplatzt. Keine Chance, meinen Wagen bei 180 unter Kontrolle zu halten. Ich krache gegen die Leitplanke, dann rechts gegen einen PKW. Die Windschutzscheibe fliegt mir ins Gesicht, meine Hand bricht. Der Wagen überschlägt sich, und bleibt liegen.
Ich wache vor Schmerzen auf, als mich der Notarzt auf die Bahre hebt. Und dann sehe ich sie.
Zig Augenpaare, die auf mich gerichtet sind. Gaffer, die sich mein zerschnittenes Gesicht betrachten, Dummschwätzer, die fachmännisch feststellen, daß ich nur überlebt habe, weil dieses und jenes passiert ist. Kinder, die ihre Nasen an die Scheiben drücken, alte Besserwisser, die immer schon gesagt haben, daß die jungen Kerle nicht fahren können und ich das Opfer, der Blickfang auf der anderen Seite. Die grauenvollsten Minuten meines Lebens.Und eine Meldung im Radio.
In der Hoffnung, daß Ihr den Opfern, die noch kommen, Eure Blicke nicht antut und diesen Bericht nicht vergeßt, wenn ihr das erste Blaulicht seht, das wünscht sich und Euch