(Fortsetzung)
In der GF gab´s 1991 mal einen Vergleichstest zwischen eienm Audi 100 mit 101 PS und einem Audi 100 mit 115 PS.
Beide Motoren hatten exakt 1984 ccm. Auch die Getriebe waren völlig identisch.
Ferner verfügten "beide über eine moderne, kennfeldgesteuerte Einspritzanlage, wenn auch der preiswertere (der mit 101 PS) mit einer zentralen Düse und der andere mit deren vier den Kraftstoff in die Brennräume befördert. Eine spritsparende Schuabschaltung gehört allemal dazu und selbstverständlich der geregelte Katalysator nach US-Norm. Beide ... mit Hydrostößeln ... und einer vollelektronischen, kennfeldgesteurten Zündung".
Der mit 101 PS hatte ne Verdichtung von 9,2, während der mit 115 PS "spritzige" 10,5 aufwies.
Jetzt weiter aus dem damaligen Text:
"Die verschiedenen Verdichtungsverhältnisse sind mit ein Grund für die Leistungsdifferenzen bei sonst so ähnlichen Basisdaten. Im Verbund mit unterschiedlichen Ventilsteuerzeiten und einer entsprechenden Anpassung von Zündung und Einspritzmenge liefert am Ende der stärkere Motor 14 Mehr-PS ab, die sich auch ganz klar bei der erzielbaren Höchstgeschwindigkeit niederschlagen. Unserem Meßprotokoll zufolge stehen sich hier 193 km/h und 184 km/h gegenüber. Eine Differenz, die durch die von Audi angegebenen Werte, 191 zu 182 km/h, bestätigt wird."
Bis dahin also heile Welt. Das Drama kommt aber jetzt ...
"Ansonsten freilich fanden wir beim Vergleich unserer beiden Testwagen eine ziemlich verkehrte Welt vor. Eigentlich müßte der stärkere Wagen flotter beschleunigen, was sich aber nur bei den Werksangaben niederschlägt.
Beispielsweise beim Spurt aus dem Stand bis Tempo 100, der nach 11,0 beziehungsweise 12,6 Sekunden erledigt sein sollte (Ich bin mir nicht sicher, ob die GF bei den zitierten 11,0 richtig liegt. Denn der "Nachfolger" A6 - im wesentlichen nur ein bischen Facelift - wird im Prospekt, das ich zu Hause habe, bei dieser 115 PS-Motorvariante mit 11,9 angegeben - aber egal).
In Wahrheit hinkte der 115 PS-Audi dem nominell schwächeren Pendant sogar hinterher. In der genannten Spurtdisziplin vergingen 12,8 Sekunden, für die der 101 PS-Wagen nur 12,6 benötigte. Die Meßwerte waren, wenn auch an unterschiedlichen Testtagen, jeweils reproduzierbar, Fehlmessungen mithin ausgeschlossen.
Mögliche Erklärung für das Phänomen: Wer die Praxis kennt, weiß, wie Fertigungstoleranzen dazu führen können, daß ein Motor seine Leistung ... besonders wirkungsvoll ... und dem anderen weniger ... Angesichts der Laufleistung beider Testwagen von deutlich unter 10.000 km ist auch die Frage, wei frei ein Aggregat bereits ist (erinnert mich etwas an die berühmte schwergängige Schaltung, die sich angeblich "schon noch gibt". Meine höchst unmaßgebliche Meinung dazu: entweder geht´s gleich oder gar nicht - um Nuancen mag sich da was verbessern, um mehr aber auch nicht).
Dazu addieren sich naturgemäß auch Meßtoleranzen (leuchtet mir im Prinzip schon ein - nur: der von den Toleranzen angeblich so Gebeutelte war immer der gleiche, nämlich der mit 115 PS...).
Wenn dann trotz völlig gleicher Getriebeabstimmung und eines tatsächlich nicht mal einen Zentner höheren Leergewichts des stärkeren Fahrzeugs umgekehrte Ergebnisse in Sachen Beschleunigung entstehen, mag dies gewiß ungewöhnlich sein. Dennoch ist es nur ein Beleg dafür, daß knapp 14 Prozent mehr Leistung in dieser Kategorie eben nicht sicher ausreichen, um bei den immer auftretenden Streuungen unter allen Umständen klare Distanz zu schaffen (schön formuliert - hatte der Testwagen mit 115 PS, abgesehen von der Vmax, doch überhaupt keine Distanz zu dem mit 101 PS).
Verkehrte Werte auch bei den Elastizitätsmessungen: Im fünften Gang vergingen von 60 bis 80 km/h mit 115 PS 8,5 Sekunden, mit 101 PS nur 5,3 (!!! Ehrenwort: Ich hab´s richtig abgeschrieben). Von 60 bis 100 km/h waren es 17,0 bzw. 14,4, und bis 120 steht es 26,4 zu 22,7 Sekunden. Erklärung: Siehe oben.
Doch verschaffen bei dieser Übung auch grundsätzliche Unterschiede zwischen beiden Motoren dem schwächeren einen möglichen (was heißt hier "möglichen" - also entweder war´s nun so oder nicht ...) Vorsprung.
Zum einen begünstigt nämlich tendenziell (tendenziell hört sich für mich immer so etwas an wie "theoretischer Dünnpfiff, den in der Praxis keine S... merkt" - während man bei diesem Test doch sehr deutliche Unterschiede gemerkt hat) die Zentraleinspritzung die Kraftentfaltung bei sehr niedrigen Drehzahlen, da das Benzin oberhalb der Drosselklappe eingespritzt wird und sich so auf seinem Weg zum Brennraum inniger mit der Luft vermischen kann, als wenn die Düsen wie bei der Multipoint-Einspritzung unmittelbar vor den Ventilen sitzen.
Zum anderen verschiebt sich der Drehzahlpunkt des maximalen Drehmoments meist ("meist" - auch so ne klare Aussage ...) nach oben, wenn aus gleichem Hubraum mehr Leistung gezaubert werden soll.
Erwartungsgemäß bietet denn auch der 115 PS-Motor mit 168 Nm zwar 11 Nm mehr als der schwächere Bruder. Aber die liegen erst bei 3200/min statt bei 2750/min an.
Daß unter diesen Umständen der 101 PS-Motor von unen her im höchsten Gang besser durchzieht als sein stärkerer Konkurrent, erscheint fast schon nicht mehr verwunderlich."
Erscheint (!) ...fast (!) schon nicht mehr verwunderlich....klingt für mich wie: wenn wir ehrlich sind, stehen wir immer noch vor einem Rätsel....
...das man sich v i e l l e i c h t noch am ehesten mit den im Text ja auch angesprochenen Fertigungstoleranzen erklären kann.
Mancher Motor "geht" einfach - und dem anderen mit dem gleichen Kennbuchstaben kann man seine Lahmheit einfach nicht austreiben.
In diesem Kontext nochmals der 115 PS-Motor, diesmal im Audi Cabrio.
Von null auf hundert laut Werksangabe in 12,9 Sekunden.
Und in der GF 7/93 gemessen mit ....... 12,2 Sekunden!
Das war dann wohl ein 115 PSer, der richtig "ging".
Vmax übrigens gemessene 189 km/h, Werksangabe 187 km/h.
Wer einen PL gegen einen KR-Motor tauschen will, sollte also zum einen wissen, was er will (wie oben angesprochen, hat der PL sein - gleiches - max. Drehmoment deutlich früher) und er sollte vor allem auch an das Thema "Toleranzen" denken.
Im dümmsten Fall streut der eigene PL bereits um 5 PS nach oben, hat also 134 PS, während der gekaufte KR (Verkäufer: ist top gelaufen - wahnsinnig aussagekräftig und auch enorm überprüfbar ...) um 5 PS nach unten streut.
Dann hätte man 134 PS gegen 134 PS eingetauscht - "Supersache", zumal der KR deutlich mehr an Steuern kostet ...
Ich persönlich würd bei diesen doch eher geringen Leistungsdifferenzen allerhöchstens dann einen KR einbauen, wenn ich vorher noch die Möglichkeit einer Probefahrt gehabt hätte (z.B. noch fahrbereiter Unfallwagen) - wahrscheinlich aber noch nicht einmal dann. Andere mögen dies völlig anders sehen. Ist okay.
Da es immer eine eigene, höchstpersönliche Entscheidung ist, die von vielen Faktoren abhängt, ist es letztlich so wie bei der Frage, ob es gut ist, wenn es regnet. Für den in der Wüste schon - für den, der ins Freibad gehen will, dagegen nicht.
(Heut abend kommt noch ein ganz klein wenig zu Block und Kopf bei KR und PL).